In der Pharmaindustrie und auch in anderen Industriezweigen kommen diverse Verfahren und Produktionsschritte zum Einsatz, die alle eine Gemeinsamkeit haben: Sie erzeugen Emissionen, die anschließend in der Umgebung und Atemluft vorhanden sind.
Je nach Zusammensetzung sind diese Emissionen wahlweise nur störend, weil sie sich auf Oberflächen ablagern (die dann gereinigt werden müssen) oder sogar gefährlich für die Mitarbeiter, da sie – in der Atemluft schwebend – eingeatmet werden und Krankheiten auslösen können.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Emissionen entstehen. Dabei werden konkret Stäube betrachtet: Welche Eigenschaften besitzen sie? Welche Wirkung haben sie? Was kann zur Eingrenzung der Ausbreitung von Stäuben unternommen werden?
Entstehung von Emissionen
Die Entstehung von Emissionen ist so vielfältig wie die verschiedenen Produktionsprozesse selbst. Folgende Unterscheidung gibt es:
- räumliche Emissionen (entstehen z. B. durch Sprühen
- flächige Emissionen (entstehen z. B. bei Tauchbädern)
- punktförmige Emissionen (entstehen z. B. beim Schleifen)
In der Pharmaindustrie ist z. B. das Tablettenpressen ein Vorgang, bei dem es zur Freisetzung von Stäuben kommt. Aber auch beim Mischen, Coaten und anderen Verfahren werden Emissionen erzeugt.
Die Ausbreitung hängt dabei von folgenden Eigenschaften der Stoffe ab:
- Partikelgröße
- Gewicht der Partikel
- Eigendynamik der Partikel
- Geschwindigkeit der Partikel
- Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig)
Liegt der Stoff als Gas vor, erfolgt die Ausbreitung gleichmäßig, da die Gasmoleküle in der Luft schweben (dispersieren). Beim flüssigen bzw. festen Aggregatzustand — z. B. Stäuben — ist die Dispersion, also die Verteilung der Partikel in der Luft, abhängig von der Tröpfchen- bzw. Partikelgröße: Je geringer die Größe, umso leichter schweben die Partikel in der Luft und können weiter getragen werden.
Eigenschaften von Staub
Die Emissionen, die in fester Form vorliegen, werden Staub genannt. Dieser Begriff umfasst alle feinen, festen Partikel, die in verschiedenen Größen in Gasen und vor allem Luft auftreten. Die Partikel können dabei unterschiedlichsten Ursprungs sein. Auch die Verweildauer kann — je nach Größe — variieren.
Staub ist also nicht gleich Staub!
Je nachdem, wie und wo der Staub entsteht, resultieren daraus gewisse Eigenschaften mit entsprechenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Sind diese Eigenschaften schädlich, müssen Lösungen gefunden werden, Staub zu eliminieren.
Bei der Verarbeitung von Stäuben — bzw. dem Auftreten von Staub generell — ist zu beachten, dass je nach Zusammensetzung und Auftreten eine Gefährdung für die Mitarbeiter entstehen kann. In Bezug auf den Arbeitsschutz werden in Abhängigkeit von der Partikelgröße und der Partikelform Grenzwerte definiert, deren Einhaltung durch Messen der Konzentration in der Luft überprüft werden.
Unterscheidung nach Partikelgröße und -form:
- E-Staub
Dieser Staub kann über Mund und Nase eingeatmet werden. Die Partikel mit einer Größe von bis zu 100 µm bleiben dabei an den Nasenhaaren oder den Schleimhäuten hängen.
Beispiel: Blütenpollen oder Zementstaub - A-Staub
A-Staub ist feiner Staub, der bis in die Lungenbläschen eindringen kann (aveolengängig), da die Partikel nur max. 5 µm groß sind.
Beispiel: Schweißrauche - U-Staub
U-Staub steht für „ultrafeiner Staub“. Hierbei handelt es sich um Nanopartikel mit einer Größe <100 nm.
Beispiel: Produkt von Verbrennungsprozessen, in Lacken und Überzügen - Fasern/Faserstäube
Fasern sind längliche Partikel aus anorganischen oder organischen Stoffen. Dabei stellen alle Fasern, die >5 µm lang und im Druchmesser <3 µm groß sind sowie das Verhältnis von Länge:Durchmesser von 3:1 überschreiten eine Gefahr dar, da diese bis in tiefere Atemwege vordringen können.
Beispiel: Asbest, Glaswolle, Baumwollstaub
Unterscheidung nach physikalischen Eigenschaften
Wenn Stäube in der Produktion nicht nur entstehen, sondern zur Herstellung eines Produkts eingesetzt werden, sind folgende Eigenschaften zu betrachten:
- klebrige Stäube
Bei klebrigen Stäuben verkleben die Partikel untereinander und an Oberflächen. Dadurch kann es zu Brückenbildung in den Produktionsanlagen kommen.
Beispiel: Coaten von Tabletten - abrasive Stäube
Die Partikel der abrasiven Stäube können aufgrund ihrer Festigkeit und Oberflächenbeschaffenheit auf Dauer die Produktionsanlagen beschädigen. Deswegen müssen bei der Auslegung der Rohrleitungen die Strömungsgeschwindigkeiten sowie die Wandstärken beachtet werden. - hygroskopische Stäube
Diese Partikel ziehen die Feuchtigkeit aus der Luft und verkleben bzw. verflüssigen sich. Sie sind dann nicht mehr trocken und rieselfähig, was sich auf weitere Produktionsschritte auswirken kann. - hydrophobe Stäube
Hydrophobe Stäube binden sich nicht mit der Feuchtigkeit in der Luft. - agglomerierende Stäube
Durch Besprühen feiner Partikel enstehen durch das Zusammenkleben kleine Körner, was die Transporteigenschaften bzw. das Verarbeiten der Stoffe verbessert. Durch das Agglomerieren sind die Körner besser rieslfähig als die feinen Partikel und lassen sich so leichter transportieren. Bei der Auslegung der Rohrleitungen und Produktionsanlagen müssen allerdings die Strömungsgeschwindigkeiten beachtet werden, da es zu Propfenbildung in den Produktionsanlagen kommen kann. - rieselfähige Stäube
Je feiner die Partikel sind, umso weniger rieselfähig ist der Staub und umso leichter kann das Material aufgewirbelt werden. Die Rieselfähigkeit ist bei der Auslegung der Produktionsanlagen zu beachten. - brückenbildende Stäube
Brückenbildung ist in Produktionsanlagen zu vermeiden, da es zu Störungen im Ablauf kommen kann. Bei der Gestaltung der Produktionsanlagen sind brückenbildende Stäube zu beachten und die Konstruktion entsprechend anzupassen.
Wirkung von Staub
Die Wirkung von Staub hängt von verschiedenen Faktoren ab. So kann Staub z. B. allein durch die vorhandene Menge eine Beeinträchtigung darstellen. Der menschliche Körper, speziell die Atemwege, sind mit diversen Schutzsystemen ausgestattet, um dem Staub entgegen zu wirken, solange sich die Menge in Grenzen hält. Allerdings hängt die Wirkung auch von den bisher genannten Eigenschaften ab — z. B. wie weit die Partikel in den Organismus eindringen können.
Zur Bestimmung des Gefährdungspotentials ist neben der Partikelgröße auch die Zusammensetzung von Bedeutung. Je nach Inhaltsstoffen können schon größere Partikel, die nur bis in die oberen Atemwege gelangen, eine Gefahr darstellen. Deswegen müssen die toxikologischen Eigenschaften betrachtet werden:
- Sensibilisierende Stäube
Diese Stäube können Allergien auslösen und somit eine Belastung für den Menschen darstellen.
Beispiel: organische Stäube von Pflanzen und Tieren - Fibrogene Stäube
Fibrogene Stäube können zu Vernarbungen des Lungengewebes führen und die Lungenfunktion nachhaltig beeinträchtigen.
Beispiel: Quarzstaub - Ätzende Stäube
Die Partikel ätzender Stäube können durch Bildung von Säuren oder Basen das menschliche Gewebe zerstören.
Beispiel: Vogelkot - Toxische Stäube
Das Einatmen toxischer Stäube kann innere Organe, wie z. B. die Lunge schädigen.
Beispiel: giftige Stäube von Blei, Cadmium - Kanzerogene Stäube
Diese Stäube können Krebs auslösen.
Beispiel: Eichenholzstaub, Asbest - Radioaktive Stäube
Radioaktive Stäube können das Erbgut angreifen, Tumore auslösen, sich in Schleimhäuten oder Bronchien festsetzen.
Beispiel: Tritium
Eingrenzung von Staub
Um die Ausbreitung von Staub bzw. die Gefährdung durch Staub zu verringern, kommt das STOP-Prinzip zum Tragen, das wir auch schon in unserem Blog-Artikel zum Mitarbeiterschutz betrachtet haben:
- Substituierung des risikobehafteten Stoffes – Prüfen, ob es Substanzen gibt, die weniger toxikologisch sind.
- Technische Maßnahmen – Aufrüsten von Anlagen mit entsprechenden Sicherheitslösungen.
- Organisatorische Maßnahmen – Planen, damit die Mitarbeiter den gefährlichen Stoffen nicht allzu lange ausgesetzt sind.
- Persönliche Schutzausrüstung – Einsetzen, wenn alle anderen Maßnahmen nicht anwendbar sind.
Es sollte also zunächst versucht werden, das Auftreten von Staub zu verhindern. Das kann durch die Auswahl der stofflichen Eigenschaften erfolgen – so tritt bei der Verwendung von agglomerierenden Stoffen weniger Staub auf als bei feinen Substanzen.
Wenn dennoch Staub auftritt, kann die Gefahr verringert werden, wenn weniger toxische Substanzen zum Einsatz kommen.
Technische Maßnahmen sind Lösungen, die entstandenen Staub aufnehmen. Dazu gehören u. a. das Einkapseln der staubenden Prozessschritte, Wassersprühanlagen oder Lüfter.
Eine effiziente Möglichkeit, Mensch und Umwelt zu schützen, ist das Absaugen des Staubs: Dabei wird die mit Staub beladene Luft direkt aufgesaugt und in Entstaubungsanlagen mit den für den Einsatz angepassten Filterelementen gereinigt. Der Staub verbleibt in der Filteranlage und kann entsprechend entsorgt werden.
Je nach Partikelgröße und -eigenschaften gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl, was in der nachfolgenden Übersicht beispielhaft dargestellt ist. Bei der Planung einer Filteranlage ist es deswegen wichtig, die Eigenschaften des Staubs an den Hersteller der Anlagen zu übermitteln, damit der richtige Filter ausgewählt werden kann.
Zu den organisatorischen Maßnahmen gehört, neben der Planung des Einsatzes von Mitarbeitern, auch das regelmäßige Reinigen und Lüften der betroffenen Produktionsbereiche, um die Belastung am Arbeitsplatz selbst gering zu halten.
Wenn das Auftreten von Staub trotz aller Bemühungen nicht verhindert werden kann und die Gefährdung der Mitarbeiter weiterhin hoch ist, bleibt noch der Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung. Auch hier ist die Auswahl abhängig von den Eigenschaften des auftretenden Staubs.
Zusammenfassung
Staub ist ein alltäglicher Begleiter, der sich nicht komplett vermeiden lässt. Ob er aber nur lästig ist oder gesundheitsgefährdend, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Menge
- Partikelgröße und – form
- stoffliche Eigenschaften
- toxikologische Eigenschaften
Neben der regelmäßigen Reinigung gibt es diverse technische Möglichkeiten wie Filteranlagen, um Mensch und Umwelt zu schützen und den negativen Einfluss von Staub auf die Produktion empfindlicher Teile zu verringern.